Faire Arbeit in der Fleischindustrie
Im Aktionszeitraum Juli bis September 2019 sind von der Arbeitsschutzverwaltung Nordrhein-Westfalen 30 Betriebe der Fleischindustrie und die in der Produktion eingesetzten Werkvertragsfirmen überprüft worden.
Arbeitsschutzprobleme und schwierige Lebensumstände Ausgangslage
Immer wieder ist über Arbeitsschutzprobleme und schwierige Lebensumstände von Beschäftigten bei Werkvertragsnehmern der fleischverarbeitenden Branche in den Medien berichtet worden. Die Arbeitsschutzverwaltung des Landes Nordrhein-Westfalen hat in der Vergangenheit aufgrund von Arbeitsschutzbeschwerden oder Unfallanzeigen reaktive Betriebskontrollen durchgeführt und die Beseitigung einzelner Mängel angeordnet. Aufgrund der körperlich schweren Tätigkeiten beim Schlachten und Fleischverarbeiten sowie der Erkenntnis über den Einsatz von Werkvertragsnehmern in der Produktion der Fleischindustrie und dem dort herrschenden Preisdruck erscheint diese Branche besonders anfällig für Defizite hinsichtlich der Umsetzung von Arbeitsschutzbestimmungen und angemessener Entlohnung. Auch in Gesprächen mit betrieblichen Praktikern, den Gewerkschaften, der Berufsgenossenschaft Nahrungsmittel und Gastgewerbe und dem Zoll sind konkrete Missstände bei den Arbeitsbedingungen und den Lebensumständen insbesondere der Arbeitnehmer von Werkvertragsfirmen berichtet worden.
Einsatzteams mit bis zu 15 Aufsichtsbeamtinnen und -beamten Vorgehensweise
Aufgrund der schwer nachvollziehbaren Firmenstrukturen, dem häufigen Einsatz von Werkvertragsnehmern sowie der vorwiegend anzutreffenden Beschäftigung von Arbeitskräften aus Osteuropa hat die Arbeitsschutzverwaltung ihre Vorgehensweise für Betriebskontrollen gegenüber normalen Betriebsbesichtigungen deutlich verändert. Auch aufgrund der Betriebsgrößen mit teilweise über 3.000 Beschäftigten sind die Prüfungen mit landesweit zusammengesetzten Einsatzteams mit einer Personalstärke von bis zu 15 Aufsichtsbeamtinnen und -beamten durchgeführt worden. Zudem wurden zwei Betriebsprüfungen gemeinsam mit dem Zoll durchgeführt.
Gravierende Arbeitsschutzmängel Ergebnisse
Die Bilanz: In 85 Prozent der überprüften Betriebe wurde von den Aufsichtsbeamtinnen und -beamten eine hohe Anzahl teils gravierender Arbeitsschutzmängel ermittelt.
Im Rahmen der Prüfung sind die Arbeitsbedingungen in 30 Betrieben mit über 90 Werkvertragsfirmen kontrolliert worden, die für ca. 17.000 Beschäftigte maßgeblich sind.
Die Werkvertragsnehmer haben mit den Schlachthofbetreibern Werkverträge geschlossen, die beispielsweise die Anzahl der zu schlachtenden Tiere oder Gewichtstonnen an zu zerlegenden Tieren zu einem bestimmten Preis vertraglich regeln. Damit verbleibt die Verantwortung für das Personal und für die Umsetzung des Arbeitsschutzes beim Werkvertragsnehmer, der Schlachthofbetreiber übernimmt rechtlich keine Verantwortung.
Der Großteil der Beschäftigten der Werkvertragsnehmer stammt nach den Erkenntnissen aus der Aktion aus Osteuropa (insbesondere Polen, Rumänien, Bulgarien, Ungarn).
Bei nur vier Betrieben wurden wenige relevante Arbeitsschutzmängel festgestellt. Zwei dieser Betriebe hat die Arbeitsschutzverwaltung aufgrund von Beschwerden oder Unfällen in den zurückliegenden Monaten schon vor der Überwachungsaktion überprüft. Diese Überprüfungen, bei der auch Anordnungen zur Beseitigung von Mängeln getroffen wurden, haben offensichtlich die Arbeitsschutzsituation in diesen Betrieben bereits positiv beeinflusst. Bei den anderen beiden Betrieben mit wenigen Mängeln handelt es sich um Betriebe, bei denen keine Schlachtung und Zerlegung durchgeführt sowie mit fast ausschließlich eigenem Personal gearbeitet worden ist.