
Allgemeiner Überblick zu tarifvertraglichen Ausnahmeregelungen im Arbeitszeitgesetz
Arbeitszeit
Als eine Besonderheit gegenüber anderen Arbeitsschutzvorschriften bietet das Arbeitszeitgesetz den Tarifpartnern die Möglichkeit, in Tarifverträgen vom Arbeitszeitgesetz abweichende Regelungen zu vereinbaren. Damit trägt das Gesetz den spezifischen Anforderungen einzelner Branchen Rechnung, beispielsweise in Hinblick auf Arbeitszeiten, Ruhepausen oder Ruhezeiten.
Das Arbeitszeitgesetz ermöglicht den Tarifpartnern (Arbeitgeberinnen und Arbeitgebern bzw. Arbeitgeberverbänden und Gewerkschaften) innerhalb eines gesetzlichen Rahmens, vom Arbeitszeitgesetz abweichende Regelungen zu vereinbaren, um die Arbeitszeit an spezifische Erfordernisse in der Branche oder im Betrieb flexibel anzupassen. Daher sind für viele Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer eine über das Arbeitszeitgesetz hinausgehende werktägliche Arbeitszeit sowie verkürzte Ruhepausen oder Ruhezeiten in Tarifverträgen festgelegt.
Tarifvertragliche Vereinbarungen stehen zunächst über arbeitszeitgesetzlichen Regelungen. Gibt es tarifvertragliche Regelungen, so scheidet eine behördliche Ausnahme in der Regel aus.
Verstöße gegen Tarifnormen oder Betriebs- bzw. Dienstvereinbarungen, die aufgrund von § 7 Arbeitszeitgesetz (ArbZG) vereinbart wurden, werden wie Verstöße gegen die Regelungen des Arbeitszeitgesetzes behandelt.
Abweichungen von den gesetzlichen Vorgaben
Nach dem Arbeitszeitgesetz darf in einem Tarifvertrag oder aufgrund eines Tarifvertrages in einer Betriebs- oder Dienstvereinbarung von bestimmten Regelungen des Arbeitszeitgesetzes abgewichen werden.
Diese Abweichungen können zum Beispiel sein:
- Verlängerung der werktäglichen Arbeitszeit über zehn Stunden für Tages- und Nachtarbeit, wenn in die Arbeitszeit regelmäßig und in erheblichem Umfang Arbeitsbereitschaft oder Bereitschaftsdienst fällt,
- andere Ausgleichszeiträume,
- besondere Pausenregelungen, zum Beispiel Kurzpausen in Schichtbetrieben und Verkehrsbetrieben,
- Verkürzung der Ruhezeiten um bis zu zwei Stunden, wenn die Art der Arbeit dies erfordert,
- Verlängerung der durchschnittlichen werktäglichen Arbeitszeit über acht Stunden, wenn in die Arbeitszeit regelmäßig und in erheblichem Umfang Arbeitsbereitschaft oder Bereitschaftsdienst fällt, ohne Ausgleich (sogenanntes Opt-out). Durch besondere Regelungen muss sichergestellt werden, dass die Gesundheit der Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer nicht gefährdet wird.
- Die Arbeitszeitverlängerung ohne Ausgleich ist im Betrieb nur möglich, wenn die betroffenen Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer jeweils schriftlich einwilligen.
- Ihnen darf kein Nachteil entstehen, wenn sie einer solchen Arbeitszeitverlängerung nicht zustimmen oder ihre schriftliche Einwilligung mit einer Frist von sechs Monaten widerrufen.
- Dabei ist ein Verzeichnis über die Personen mit Zustimmung zu führen.
- Es gibt weitere Abweichungsmöglichkeiten für bestimmte Branchen, sofern die Gesundheit der Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer durch einen entsprechenden Zeitausgleich geschützt und die wöchentliche Höchstarbeitszeit von 48 Stunden im Durchschnitt von i. d. R. zwölf Monaten nicht überschritten wird. Diese Branchen sind:
- Landwirtschaft
- Gesundheitsbranche
- Beschäftigte im öffentlichen Dienst
Für jede Arbeitnehmerin und jeden Arbeitnehmer einsehbar
Das Arbeitszeitgesetz gehört zu den aushangpflichtigen Gesetzen. Zusätzlich muss die Arbeitgeberinnen bzw. der Arbeitgeber den Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmern die für den Betrieb geltenden Tarifverträge und – sofern vorhanden – Betriebs- oder Dienstvereinbarungen, die Regelungen zur Arbeitszeitgestaltung enthalten - sofern vorhanden - Betriebs- oder Dienstvereinbarungen, die Regelungen zur Arbeitszeitgestaltung enthalten zugänglich machen. Dies kann zum Beispiel durch Aushang oder Veröffentlichung im Intranet geschehen.
Abweichungen durch behördliche Bewilligung
Sofern es keine tarifvertraglichen Regelungen zu abweichenden Arbeitszeiten gibt, können bestimmte Branchen (kontinuierliche Schichtbetriebe, Bau- und Montagestellen, Saison- und Kampagnenbetriebe) verlängerte Arbeitszeiten beantragen (§ 15 Abs. 1 ArbZG).