Arbeitsschutz auf Baustellen
Beschäftigte auf Baustellen sind einem besonders hohen Unfall- und Gesundheitsrisiko ausgesetzt. Auch haben Unfälle auf Baustellen im Vergleich zu anderen Wirtschaftszweigen meist erheblich schwerere Folgen. Deshalb gelten hier besondere Arbeitsschutzvorschriften.
Hohes Unfallrisiko
Auf Baustellen in Deutschland kommt es im Vergleich zu der gesamten gewerblichen Wirtschaft mehr als doppelt so oft zu Arbeitsunfällen. Im Vergleich zu Unfällen in anderen Wirtschaftszweigen haben sie meist deutlich schwerere Folgen. Sie können zu Berufskrankheiten und Frühverrentungen führen.
Vielfältige Gründe für hohe Anzahl an Arbeitsunfällen
Die Gründe für die hohe Anzahl an Arbeitsunfällen auf Baustellen sind vielfältig. Sie reichen von negativen Witterungseinflüssen, dem Einsatz schwerer Geräte und Maschinen, sich ständig ändernden Arbeitsbedingungen bis zu Stress durch Termindruck. Darüber hinaus führt der Konkurrenzdruck zu sinkenden Preisen. Manche Unternehmerinnen und Unternehmer versuchen daher, ihre Kosten über Einsparungen bei den Arbeitsschutzmaßnahmen zu senken.
Ein weiterer Trend ist der zunehmende Einsatz teilweise ungelernter Arbeitskräfte aus dem Ausland. Schlechte Ausrüstung, Unkenntnis der Gefahrenlage, sowie sprachliche Barrieren sorgen dabei für eine erhöhte Unfallgefahr.
Häufig vermeidbar
Unfälle und krankheitsbedingte Ausfälle von Beschäftigten verzögern unweigerlich den Bauablauf. Sie sind zum einen mit menschlichem Leid und zum anderen mit einem erheblichen wirtschaftlichen Schaden für die Bauunternehmerin bzw. den Bauunternehmer und für die Bauherrin bzw. den Bauherrn verbunden. Es ist alarmierend, dass diese Unfälle meist auf Planungs- und Organisationsfehler zurückzuführen sind und fast immer vermeidbar gewesen wären.
Arbeitsschutz auf Baustellen Rechtliche Grundlagen
Grundlegende Vorschriften für Baustellen und zum Sicherheits- und Gesundheitsschutz der Arbeitnehmenden sind
- das Arbeitsschutzgesetz und aufgrund dessen erlassene Rechtsvorschriften,
- insbesondere die Verordnung über Sicherheit und Gesundheitsschutz auf Baustellen (Baustellenverordnung - BaustellV) und
- die Regeln zum Arbeitsschutz auf Baustellen (RAB).
Die Arbeitsstättenverordnung (ArbStättV) und die hierzu erlassenen Technischen Regeln für Arbeitsstätten (ASR) konkretisieren zum Beispiel, wie Baustellen einzurichten und zu betreiben sind, um Absturzgefahren zu vermeiden.
Die Baustellenverordnung
Die BaustellV hat das Ziel, den Arbeitsschutz der Beschäftigten sicherzustellen und zu verbessern. Sie richtet sich an die Bauherrin oder den Bauherrn und überträgt ihr oder ihm eine Reihe von Pflichten und Aufgaben bei der Ausführungsplanung und während der Bauphase. Zugleich lässt sie den am Baugeschehen Beteiligten einen großen Gestaltungsspielraum.
Positive Effekte für die Unfallprävention und die Bauverantwortlichen
Mit den Instrumenten Vorankündigung, Sicherheits- und Gesundheitsschutzplan, Unterlage für spätere Arbeiten sowie Koordinierung lässt sich die Unfallprävention erheblich verbessern. Aus der BaustellenV ergeben für die Bauherrin oder den Bauherrn positive Effekte wie Kostentransparenz und optimierte Bauabläufe.
Die Regeln zum Arbeitsschutz auf Baustellen
Die Regeln zum Arbeitsschutz auf Baustellen konkretisieren die Baustellenverordnung, indem sie den Stand der Technik bezüglich Sicherheit und Gesundheitsschutz auf Baustellen wiedergeben.
Vorankündigung der Baustelle
Die Baustelle muss spätestens zwei Wochen, bevor sie eingerichtet wird, bei der zuständigen Bezirksregierung vorangekündigt werden, wenn
- die voraussichtliche Dauer der Arbeiten mehr als 30 Arbeitstage beträgt und auf der Baustelle mehr als 20 Beschäftigte gleichzeitig tätig sind oder
- der Umfang der Arbeiten voraussichtlich 500 Personentage überschreitet.
In der Vorankündigung müssen mindestens die Angaben nach Anhang I der BausstellV enthalten sein.
Für die Vorankündigung kann das Formular "Vorankündigung gemäß § 2 der Verordnung über Sicherheit und Gesundheitsschutz auf Baustellen
(Baustellenverordnung - BaustellV)" verwendet werden.
Die Vorankündigung ist sichtbar auf der Baustelle auszuhängen und bei erheblichen Änderungen anzupassen.
Sicherheits- und Gesundheitsschutzplan
Die Erstellung eines Sicherheits- und Gesundheitsschutzplanes (SiGe-Plan) ist für die Bauherrin bzw. den Bauherrn verpflichtend, wenn
- auf einer Baustelle Beschäftigte mehrerer Arbeitgeberinnen bzw. Arbeitgeber tätig werden und eine Vorankündigung zu übermitteln ist oder
- auf einer Baustelle Beschäftigte mehrerer Arbeitgeberinnen bzw. Arbeitgeber tätig werden und besonders gefährliche Arbeiten nach Anhang II Baustellenverordnung ausgeführt werden.
Je früher desto besser
Bereits in der Planung der Ausführung des Bauvorhabens kann die Bauherrin bzw. der Bauherr mögliche gewerkübergreifenden Gefährdungen ermitteln und bei der Erarbeitung des Sicherheits- und Gesundheitsschutzplans entsprechend berücksichtigen. Dieses Vorgehen hat mehrere Vorteile:
- Gefährdungen für alle am Bau Beteiligten sowie die von der Baustelle ausgehenden Gefährdungen für Dritte werden minimiert.
- Maßnahmen und Einrichtungen können auf die Anforderungen verschiedener Gewerke abgestimmt und ihre gemeinsame Nutzung festgelegt werden.
- Die Mehrfachnutzung sicherheitstechnischer Lösungen spart Kosten.
- Störungen und Improvisation im Bauablauf als Folge von Personen- und Sachschäden werden vermieden und die termingerechte Fertigstellung gesichert.
Koordinatorin bzw. Koordinator in bestimmten Fällen verpflichtend
Für Baustellen auf denen Beschäftigte mehrerer Arbeitgeberinnen oder Arbeitgeber gleichzeitig oder nacheinander tätig werden, ist die Bauherrin bzw. der Bauherr verpflichtet, eine oder mehrere Koordinatorinnen bzw. einen oder mehrere Koordinatoren zu bestellen. Diese nach der BaustellV geforderte Person wird häufig auch Sicherheits- und Gesundheitsschutz-Koordinatorin bzw. -Koordinator oder kurz als SiGeKo genannt.
Die Koordinatorin bzw. der Koordinator muss die Zusammenarbeit verschiedener Unternehmen auf einer Baustelle organisieren. Sie oder er muss sicherstellen, dass zuvor von ihr bzw. ihm festgelegten Arbeitsschutzmaßnahmen umgesetzt werden.
Die Aufgaben der Koordinatorin bzw. des Koordinators
Zu den wesentlichen Aufgaben der Koordinatorin bzw. des Koordinators gehört es,
- schon während der Planung der Ausführung des Bauvorhabens Gefährdungen zu erkennen und die erforderlichen Arbeitsschutzmaßnahmen zu bestimmen,
- während der Ausführung des Bauvorhabens die Einhaltung der festgelegten Arbeitsschutzmaßnahmen zu überprüfen,
- die Zusammenarbeit der verschiedenen Unternehmen auf der Baustelle zu organisieren und
- eine Unterlage mit den erforderlichen, bei möglichen späteren Arbeiten an der baulichen Anlage zu berücksichtigenden Angaben zur Sicherheit und Gesundheitsschutz zusammenzustellen.
Geeignete Koordinatorinnen und Koordinatoren lassen sich über die Interessenvertretungen der Koordinatorinnen und Koordinatoren nach BaustellV finden.
Weitere Konkretisierungen zu der Tätigkeit von Koordinatorinnen und Koordinatoren sind der RAB 30 zu entnehmen.
Die Unterrichtungspflicht nach der Baustellenverordnung
Die BaustellV führte mit der Novelle vom 01. April 2023 eine Unterrichtungspflicht für den nach § 4 Verantwortlichen neu ein (§ 2 Abs. 4 BaustellV). Die verantwortliche Person im Sinne der Verordnung ist die Bauherrin bzw. der Bauherr, es sei denn, sie oder er beauftragt einen Dritten, die Maßnahmen aus der BaustellV in eigener Verantwortung zu treffen.
Die neue Unterrichtungspflicht soll gewährleisten, dass der Arbeitgeberin bzw. dem Arbeitgeber für seine Gefährdungsbeurteilung sämtliche Informationen über die Umstände auf dem Baustellengelände vorliegen, die er ansonsten dem SiGe-Plan entnommen hätte. Die Arbeitgeberin bzw. der Arbeitgeber ist verpflichtet, diese Informationen zu beachten.
Unterrichtung über Gefährdungen auf der Baustelle
Die Unterrichtung über die Umstände auf der Baustelle muss mindestens eine Unterrichtung über Gefährdungen, die sich aus den örtlichen Gegebenheiten auf der Baustelle ergeben, sowie eine Unterrichtung über Gefährdungen durch Dritte umfassen (RAB 31 Nummer 3.2 Ziffer 2).
Zur Erfüllung der Unterrichtungspflicht müssen die Informationen lediglich zusammengestellt und übermittelt werden.
Hier finden Sie weitere Informationen
- Handlungskonzept für den Bauherrn und von ihm Beauftragte zur sicheren und Gesundheitsgerechten Gestaltung des Bauprozesses
- Baustellenverordnung - Informationen für den Bauherren
- Erforderliche Aktivitäten nach der Baustellenverordnung ab 1. April 2023
- Die Baustelleneinrichtung sicher und wirtschaftlich planen