Arbeitsschutz 
in Nordrhein-Westfalen

Die Biostoffverordnung

Biostoffe - Beschäftigter in Schutzausrüstung entfernt Schimmel von einer Wand i

Die Biostoffverordnung

Biologische Arbeitsstoffe (Biostoffe) bezeichnen im Wesentlichen Mikroorganismen, die in der Lage sind, beim Menschen Krankheiten hervorzurufen. Sie können zum Beispiel Infektionen auslösen oder sensibilisierende oder toxische Eigenschaften besitzen. Mikroorganismen sind mit bloßem Auge nicht zu erkennen. Bei für sie günstigen Bedingungen vermehren sie sich und können so zu einer Gefährdung für den Menschen werden.

Die Verordnung über Sicherheit und Gesundheitsschutz bei Tätigkeiten mit Biologischen Arbeitsstoffen 

Um Beschäftigte und Dritte bei ihrer beruflichen Arbeit vor den Einwirkungen von Mikroorganismen wie Bakterien, Pilzen, Viren oder parasitären Einzellern, technisch hergestellten biologischen Einheiten sowie Zellkulturen zu schützen, hat der Gesetzgeber die Verordnung über Sicherheit und Gesundheitsschutz bei Tätigkeiten mit Biologischen Arbeitsstoffen (BioStoffV) verabschiedet. Diese Verordnung gilt auch für gentechnisch veränderte Biostoffe. Konkretisiert werden die Anforderungen der BioStoffV in den Technischen Regeln für Biologische Arbeitsstoffe (TRBA).

Biologische Arbeitsstoffe in der Arbeitswelt

In der Arbeitswelt können Beschäftigte beabsichtigt oder unbeabsichtigt in verschiedensten Bereichen mit biologischen Arbeitsstoffen in Kontakt kommen, wie zum Beispiel im Bereich 

  • der Abwasserbehandlung,
  • der Entsorgung und Behandlung von Abfällen,
  • der Be- und Verarbeitung von Lebensmitteln,
  • der Veterinärmedizin,
  • von Forstarbeiten,
  • der Landwirtschaft,
  • der Handhabung von Archivgut,
  • der Pflege von Patientinnen und Patienten,
  • der Altenpflege,
  • der Betreuung von Säuglingen und (Klein-)Kindern,
  • der Tätigkeit in mikrobiologische Laboratorien und
  • von medizinischen Untersuchungslaboratorien sowie
  • der Versuchstierhaltung

Dabei sollen die Beschäftigten im Wesentlichen vor von Biostoffen ausgehenden Infektionen, Krankheiten, Giften sowie sensibilisierenden Wirkungen geschützt werden.

Vier Risikogruppen der Infektionsgefahr

Biostoffe werden abhängig von ihrer Infektionsgefahr in vier Risikogruppen eingeteilt. Risikogruppe 1 stellt dabei die Gruppe mit dem geringsten Infektionsrisiko dar, die Gruppe 4 beinhaltet die Stoffe mit dem höchsten Infektionsrisiko. 

Wird bei gezielten Tätigkeiten eine Biostoff verwendet, der in keine der Risikogruppen eingestuft ist, muss die Arbeitgeberin bzw. der Arbeitgeber die Einstufung selbst vornehmen. Die Einstufungskriterien sind in der TRBA 450 beschrieben.

Über das Infektionsrisiko hinaus sind auch sensibilisierende und toxische Eigenschaften der Biostoffe zu betrachten, da diese unabhängig von der Risikogruppe auftreten (TRBA 406).

Gezielte und nicht gezielte Tätigkeiten mit Biostoffen

Die Biostoffverordnung unterscheidet zwischen gezielten und nicht gezielten Tätigkeiten der Beschäftigten. Bei gezielten Tätigkeiten ist 

  • der Biostoff namentlich bekannt, 
  • die Tätigkeit ist auf den Biostoff ausgerichtet (zum Beispiel Anzucht von Reinkulturen) und 
  • die Exposition der Beschäftigten ist bekannt oder zumindest abschätzbar. 

Trifft mindestens eine dieser drei Voraussetzungen nicht zu, handelt es sich um eine nicht gezielte Tätigkeit. 

Häufig ist zwar die Spezies des Biostoffes und die Expositionsbedingungen der Beschäftigten bekannt, aber die Tätigkeit nicht auf den Biostoff ausgerichtet. In diesem Fall ist es eine nicht gezielte Tätigkeit. 

So ist zum Beispiel die Pflege einer Person mit einer übertragbaren Krankheit eine nicht gezielte Tätigkeit, da diese nicht auf den Biostoff ausgerichtet ist, sondern der Pflege der Erkrankten dient. Das gilt auch dann, wenn der Krankheitserreger namentlich bekannt und die Expositionsbedingungen für die Beschäftigten abschätzbar sind. 

Pflichten der Arbeitgeberin bzw. des Arbeitgebers

Arbeitgeberinnen und Arbeitgeber müssen nach der Biostoffverordnung im Vorfeld der Aufnahme von Tätigkeiten Maßnahmen zum Schutz ihrer Beschäftigten treffen. Unabhängig davon, ob es sich um gezielte oder nicht gezielte Tätigkeiten handelt, gehören dazu die wesentlichen Pflichten des Arbeitsschutzes wie:

  • Erstellung und Dokumentation einer Gefährdungsbeurteilung (TRBA 400)
  • Umsetzen von Maßnahmen unter Einhaltung der Rangfolge der Schutzmaßnahmen nach dem STOP-Prinzip (Substitution, Technische Schutzmaßnahmen, Organisatorische Schutzmaßnahmen, Persönliche Schutzmaßnahmen, (§ 8 Abs. 4 BioStoffV)
  • Einhaltung allgemeiner Hygienemaßnahmen (TRBA 500)
  • Erstellen von Betriebsanweisungen und Durchführung mindestens jährlicher Unterweisungen (TRBA 400)
  • Umsetzen der Anforderungen der Arbeitsmedizinischen Vorsorgeverordnung (ArbMedVV)
  • Festlegen von Maßnahmen bei Betriebsstörung oder Unfall (§ 13 BioStoffV)

Unterscheidung von Tätigkeiten 

Neben der Differenzierung in gezielte und nicht gezielte Tätigkeiten, unterscheidet die Biostoffverordnung zwischen Tätigkeiten mit und ohne Schutzstufenzuordnung. 

Ohne Schutzstufenzuordnung und…

Tätigkeiten ohne Schutzstufenzuordnung sind berufliche Arbeiten mit Menschen, Tieren, Pflanzen, Produkten, Gegenständen oder Materialien, wenn hierbei die Beschäftigten mit Biostoffen in Kontakt kommen können. Hierzu gibt es ein umfassendes Technisches Regelwerk (TRBA 001), zum Beispiel für Tätigkeiten in folgenden Bereichen:

…mit Schutzstufenzuordnung

Tätigkeiten mit Schutzstufenzuordnung sind gebunden an die Tätigkeit mit Biostoffen 

  • in Laboratorien, 
  • in der Versuchstierhaltung,
  • in der Biotechnologie und 
  • im Gesundheitsdienst.

Hier hat die Arbeitgeberin bzw. der Arbeitgeber sowohl für gezielte als auch für nicht gezielte Tätigkeiten Schutzstufen gemäß der §§ 10 und 11 der BiostoffV zu ermitteln.

Einsatz von fachkundigem Personal

Über die oben aufgeführten wesentlichen Pflichte hinaus, haben Arbeitgeberinnen und Arbeitgeber insbesondere bei Tätigkeiten der Schutzstufe 3 und/oder 4 nur fachkundige Beschäftigte einzusetzen sowie eine fachkundige Person mit bestimmten Beratungs- und Kontrollaufgaben sowie Unterweisungen zu beauftragen. 

Die Fachkunde richtet sich nach den Maßgaben der TRBA 200. Konkrete Schutzmaßnahmen benennen die TRBA 100 sowie für Laboratorien die Beschlüsse 603 und 605 des Ausschusses für Biologische Arbeitsstoffe (ABAS), die TRBA 110 für die Biotechnologie und die TRBA 120 für die Versuchstierhaltung.

Konkrete Schutzmaßnahmen für den Gesundheitsdienst stehen in der TRBA 250, der TRBA 255 sowie im Beschluss 610 des ABAS.

Die Biostoffverordnung Rechtliche Grundlagen

Fehlende oder unvollständige Anzeigen können mit einem Bußgeld von bis zu 5.000 Euro belegt werden (§ 20 der BioStoffV) und sind bei Vorsatz sogar strafbar (§ 21 der BioStoffV). 

Erlaubnis erforderlich

Bevor Tätigkeiten der Schutzstufen 3 oder 4 in Laboratorien, in der Versuchstierhaltung oder in der Biotechnologie sowie der Schutzstufe 4 im Gesundheitsdienst begonnen werden, muss die Arbeitgeberin bzw. der Arbeitgeber eine Erlaubnis nach § 15 der Biostoffverordnung besitzen.

Vorlage Erlaubnis nach § 15 der Biostoffverordnung 

Anzeigepflichten 

Spätestens 30 Tage vor Aufnahme oder Einstellung von bestimmten Tätigkeiten in Laboratorien, in der Versuchstierhaltung sowie in der Biotechnologie besteht eine Anzeigepflicht (§ 16 Biostoffverordnung). Entsprechendes gilt für den Gesundheitsdienst. In diesem Fall muss die Anzeige unverzüglich erfolgen.

Vorlage Anzeige nach § 16 Biostoffverordnung 

Krankheit oder Tod eines Mitarbeitenden aufgrund von Tätigkeiten mit Biostoffen müssen unverzüglich der zuständigen staatlichen Aufsichtsbehörde angezeigt werden. Das gilt unabhängig von der Risikogruppe des Biostoffs. (Die Unfallanzeige an die Unfallversicherung als Folge einer mindestens dreitägigen Arbeitsunfähigkeit bzw. deren Durchschrift ersetzt weder diese Unterrichtung noch erfüllt sie die Voraussetzung der „Unverzüglichkeit“.) 

Anzeige nach § 17 Abs. 1 Nr. 2 BioStoffV unter genauer Angabe der verursachenden Tätigkeit

Jeder Unfall und jede Betriebsstörung mit Biostoffen der Risikogruppe 3 oder 4, die zu einer Gesundheitsgefahr für die Beschäftigten führen können, sind der staatlichen Aufsichtsbehörde unverzüglich anzuzeigen. Das können Stich- oder Schnittverletzungen im Rahmen von Blutentnahmen oder medizinischen Eingriffen sein, wenn zum Beispiel HIV oder Hepatitisviren vorab nicht sicher ausgeschlossen wurden. 

Anzeige nach § 17 Abs. 1 Nr. 1 BioStoffV