Sprengstoffwesen
Explosionsgefährliche Stoffe bergen aufgrund ihrer Beschaffenheit Gefahren. Diesen Gefahren trägt der Gesetzgeber durch spezielle Regelungen Rechnung. So müssen Personen für bestimmte Formen des Umgangs und Verkehrs mit solchen Stoffen spezielle Fachkunde vorweisen und eine Erlaubnis oder einen Befähigungsschein besitzen. Für die Lagerung bedarf es ab bestimmten Mengen einer Genehmigung und für verschiedene Tätigkeiten bestehen Anzeigepflichten.
Das Sprengstoffgesetz (SprengG) in Verbindung mit der Ersten, Zweiten und Dritten Verordnung zum Sprengstoffgesetz regelt den Umgang, Verkehr, Einfuhr und Durchfuhr mit oder von explosionsgefährlichen Stoffen und Sprengzubehör. Dazu gehören Sprengstoffe, Zündmittel und pyrotechnische Gegenstände.
Das SprengG definiert unter anderem folgende Begriffe (§ 3):
- Explosionsgefährliche Stoffe (Oberbegriff): feste oder flüssige Stoffe und Gemische, die durch eine gewöhnliche thermische, mechanische oder andere Beanspruchung zur Explosion gebracht werden können.
- Explosivstoffe: Stoffe und Gegenstände, die nach der Richtlinie 2014/28/EU als Explosivstoffe für zivile Zwecke betrachtet werden oder in Anlage III (Liste Explosivstoffe) des Gesetzes bestimmt sind, wie zum Beispiel Schwarzpulver oder Sprengstoff.
- Pyrotechnische Gegenstände: Gegenstände, die explosionsgefährliche Stoffe/Stoffgemische enthalten, mit denen auf Grund selbsterhaltender, exotherm ablaufender chemischer Reaktion Wärme, Licht, Schall, Gas oder Rauch oder eine Kombination mit dieser Wirkung erzeugt werden soll. Dazu zählen
- Feuerwerkskörper für Unterhaltungszwecke (F1, F2, F3 und F4),
- pyrotechnische Gegenstände für Bühne und Theater (T1 und T2),
- pyrotechnische Gegenstände für Fahrzeuge und
- sonstige pyrotechnische Gegenstände für technische Zwecke (P1 und P2).
Das Sprengstoffrecht findet im gewerblichen wie privaten Bereich Anwendung.
Unbedenklichkeitsbescheinigung
Um einen Befähigungsschein zu erlangen, muss die betreffende Person zuvor einen staatlich anerkannten Fachkundelehrgang besuchen. Dazu ist eine Unbedenklichkeitsbescheinigung erforderlich (§ 34 Abs. 2 1. SprengV). Diese ist bei dem Arbeitsschutzdezernat der Bezirksregierung zu beantragen, in deren Zuständigkeitsbereich die Person ihren ersten Wohnsitz hat. Die Bearbeitungsdauer beträgt in der Regel mindestens acht Wochen. Die Unbedenklichkeitsbescheinigung ist ein Jahr gültig.
Bevor eine Unbedenklichkeitsbescheinigung von der zuständigen Behörde ausgestellt werden kann, erfolgen mehrere Abfragen. Die Behörde befragt den Verfassungsschutz zu der Person und fordert Auszüge aus dem Gewerbezentralregister sowie dem Bundeszentralregister bzw. dem Erziehungsregister an. Zusätzlich werden die Polizei und das staatsanwaltliche Verfahrensregister nach möglichen Ermittlungsverfahren gegen die Person befragt. Gibt es keine Eintragungen oder offene Verfahren, stellt die Behörde der Person eine Unbedenklichkeitsbescheinigung aus.
Personen, die mit der Leitung des Betriebs, einer Zweigstelle oder unselbständigen Zweigstelle beauftragt sind, benötigen ebenfalls eine Unbedenklichkeitsbescheinigung (§ 21 Abs. 3 SprengG). Auch in diesem Fall ist das jeweilige Arbeitsschutzdezernat der Bezirksregierung zuständig.
Eine Unbedenklichkeitsbescheinigung für den nicht gewerblichen Bereich ist bei der zuständigen Kreisordnungsbehörde zu beantragen.
Befähigungsschein
Das Mindestalter für einen Befähigungsschein beträgt 21 Jahre. Weitere Voraussetzungen sind die Zuverlässigkeit der antragstellenden Person, die über die Unbedenklichkeitsbescheinigung nachgewiesen wird, und die persönliche Eignung, die von der zuständigen Behörde überprüft wird. In Nordrhein-Westfalen sind die Arbeitsschutzdezernate der Bezirksregierungen Ansprechpersonen.
Sind die Voraussetzungen erfüllt, erfolgt die Teilnahme an einem Grundlehrgang zur Erlangung der Fachkunde bei einem staatlich anerkannten Träger. Je nach Fachrichtung sind weitere Voraussetzungen zur Lehrgangsteilnahme erforderlich. Nach erfolgreicher Teilnahme am Grundlehrgang sowie bestandener Prüfung erhält die Person ein Fachkundezeugnis. Dieses ist zusammen mit dem Antrag auf Erteilung eines Befähigungsscheins an die zuständige Behörde zu senden.
Sobald die Person ihren Antrag gestellt hat und die Unterlagen vollständig vorliegen, stellt das zuständige Arbeitsschutzdezernat der Bezirksregierung in der Regel nach sechs bis acht Wochen den Befähigungsschein aus. Die Inhaberin bzw. der Inhaber muss den Schein alle fünf Jahre und spätestens drei Monate vor Ablauf verlängern lassen.
Erlaubnispflichtiger Umgang und Verkehr mit Explosiongefährlichen Stoffen gemäß § 7 und 27 SprengG
Nach dem Sprengstoffgesetz benötigt eine Erlaubnis, wer gewerbsmäßig, selbständig im Rahmen einer wirtschaftlichen Unternehmung oder eines land- oder forstwirtschaftlichen Betriebes oder bei der Beschäftigung von Arbeitnehmenden
- mit explosionsgefährlichen Stoffen umgehen will oder
- den Verkehr mit explosionsgefährlichen Stoffen betreiben will (§ 7 SprengG).
Erlaubnisanträge
Erlaubnisanträge für den gewerblichen Bereich bearbeiten die Arbeitsschutzdezernate der Bezirksregierungen (§ 7 SprengG). In allen anderen, nicht gewerblichen Fällen ist eine Erlaubnis nach § 27 SprengG erforderlich. Anträge auf Erlaubnis bearbeitet in diesen Fällen die für den jeweiligen Wohnsitz zuständige Kreisordnungsbehörde.
Je nach Art der Erlaubnis sind verschiedene Unterlagen und Nachweise erforderlich. Daher wird empfohlen vor Antragstellung mit der für den Betriebssitz zuständigen Arbeitsschutzdezernat der Bezirksregierung bzw. Kreisordnungsbehörde die weitere Verfahrensweise abgeklärt werden.
Eine Genehmigung ist erforderlich für
- die Errichtung und den Betrieb von Lagern, in denen explosionsgefährliche Stoffe zu gewerblichen Zwecken im Rahmen einer wirtschaftlichen Unternehmung oder eines land- oder forstwirtschaftlichen Betriebes oder bei der Beschäftigung von Arbeitnehmenden aufbewahrt werden sollen, und für
- die wesentliche Änderung der Beschaffenheit oder des Betriebes solcher Lager. Die Genehmigung schließt andere das Lager betreffende behördliche Entscheidungen ein, insbesondere Entscheidungen auf Grund baurechtlicher Vorschriften.
Kleine Mengen von explosionsgefährlichen Stoffen nach Nummer 4 des Anhangs der Zweiten Verordnung zum Sprengstoffgesetz sowie der Anlage 6 dürfen ohne Genehmigung aufbewahrt werden (§ 17 SprengG in Verbindung mit § 6 der 2. SprengV).
Die Bezirksregierung genehmigt und überprüft
Für Lager mit einer Aufbewahrungsmenge über 9.999 kg Nettoexplosivstoffmasse ist eine Genehmigung nach§ 4 des Bundes-Immissionsschutzgesetzes erforderlich. Diese ist beim Dezernat 53 der zuständigen Bezirksregierung zu beantragen.
Die Arbeitsschutzdezernate der Bezirksregierung prüfen genehmigte Lager für explosionsgefährliche Stoffe in regelmäßigen Abständen auf ihre Sicherheit. Sie kontrolliert dabei unter anderem die zulässigen Mengen und die sich daraus ergebenden Sicherheits- und Schutzabstände.
Weitergehende Informationen zur Aufbewahrung, zum Beispiel Anforderungen, Bauweise, Schutzabstände etc., finden sich neben dem Sprengstoffgesetz und der 2. SprengV auch in den folgenden Sprengstofflagerrichtlinien (SprengLR):
Richtlinie | |
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SprengLR 210 | Bauweise und Einrichtung der Lager für Sprengstoffe und Zündmittel |
SprengLR 220 | Bauweise und Einrichtung der Lager für pyrotechnische Sätze und Gegenstände |
SprengLR 230 | Diebstahlsicherung der Lager für Explosivstoff und Gegenstände mit Explosivstoff |
SprengLR 240 | Lagerung von Airbag- und Gurtstraffer-Einheiten |
SprengLR 300 | Aufbewahrung sonstiger explosionsgefährlicher Stoffe |
SprengLR 310 | Bauweise und Einrichtungen der Lager für sonstige explosionsgefährliche Stoffe (Lagergruppe I - III) |
SprengLR 340 | Richtlinie für die Zusammenlagerung sonstiger explosionsgefährlicher Stoffe (Lagergruppen I - III) |
SprengLR 350 | Abstände der Lager für sonstige explosionsgefährliche Stoffe (Lagergruppen I - III) |
SprengLR 360 | Aufbewahrung sonstiger explosionsgefährliche Stoffe, die sich wie Explosivstoffe der Lagergruppe 1.3 verhalten |
SprengLR 410 | Aufbewahrung kleiner Mengen |
Sprengungen sind anzeigepflichtig
Eine Sprengung mit explosionsgefährlichen Stoffen muss beim örtlich zuständigen Ordnungsamt schriftlich angezeigt werden (§ 1 Abs. 1 der 3. SprengV). Zuständig ist das Ordnungsamt, in dessen Bezirk die Sprengung durchgeführt werden soll.
Anzeigepflichtig ist die Inhaberin bzw. der Inhaber der Erlaubnis zum Erwerb und Umgang mit explosionsgefährlichen Stoffen. Ausgenommen von der Anzeigepflicht sind Sprengungen in nach § 4 Bundes-Immissionsschutzgesetz genehmigten Anlagen.
Mit der Anzeige sind folgende Unterlagen vorzulegen:
- Gültiges Ausweisdokument,
- Nachweis der gültigen Erlaubnis (§ 7 oder § 27 SprengG),
- gegebenenfalls den Nachweis des gültigen Befähigungsscheins (§ 20 SprengG),
- maßstäblicher Lageplan (Absperrplan) oder Unterlagen mit Angaben über die Entfernung der
Sprengstellen von Verkehrswegen, - Wohn- und Arbeitsstätten sowie Einrichtungen der öffentlichen Versorgung in einem Umkreis von mindestens 300 Metern und
- Berechnungs- und Planungsunterlagen.
Bei Fragen steht im Vorfeld die zuständige Ordnungsbehörde als Ansprechperson zur Verfügung.
Die Anzeige muss bei mehreren gleichartigen Sprengungen mindestens vier Wochen vor Beginn der Sprengungen und bei jeder anderen Sprengung (Einzelsprengung) mindestens eine Woche vorher vorliegen.
Wenn sich nach erfolgter Anzeige Änderungen ergeben, müssen diese erneut angezeigt werden.
Die Kampfmittelbeseitigung
Die Bevölkerung vor den Gefahren durch Kampfmittel zu schützen, ist Teil der Gefahrenabwehr. Zuständig für die Gefahrenabwehr sind die örtlichen Ordnungsbehörden.
Der Umgang mit Kampfmitteln erfordert besondere Fachkunde. Aus diesem Grund unterhält das Land Nordrhein-Westfalen bei den Bezirksregierungen Arnsberg und Düsseldorf einen Kampfmittelbeseitigungsdienst, um die örtlichen Ordnungsbehörden zu unterstützen:
- Bezirksregierung Arnsberg für die Bezirke Arnsberg, Detmold und Münster
- Bezirksregierung Düsseldorf für die Bezirke Düsseldorf und Köln
Hinweis: Änderung der Kampfmittelverordnung
Mit der Änderung der Kampfmittelverordnung in 2022 kam es zu Verfahrensänderungen. Diese zielen darauf ab, Bauprojekte beschleunigt umzusetzen und gleichzeitig das hohe Schutzniveau der Kampfmittelbeseitigung in Nordrhein-Westfalen beizubehalten. Durch Änderungen des § 3 der Kampfmittelverordnung sind einzelne Tätigkeiten, die bislang der Kampfmittelbeseitigungsdienst des Landes bzw. vom ihm beauftragte Räumfirmen ausgeführt haben, für die Bauherrin bzw. den Bauherrn und somit auch für private Räumfirmen freigegeben.
Diese Tätigkeiten dürfen nur geeignete Fachunternehmen (Räumfirmen) durchführen. Die Beauftragung der Räumfirmen hat durch die Bauherrin bzw. den Bauherrn selbst oder durch in deren Namen Handelnde zu erfolgen, wie Planerinnen bzw. Planer, Architektinnen bzw. Architekten, Generalunternehmer etc.
Diese Räumfirma bzw. die Geschäftsführerin oder der Geschäftsführer muss über die entsprechende Erlaubnis verfügen (§ 7 SprengG) sowie Befähigungsscheininhaberinnen und -inhaber beschäftigen, die in als verantwortliche Person die nach ihrer Befähigung erlaubten Tätigkeiten vor Ort ausüben (§ 20 SprengG) Die Räumstelle ist als unselbständige Zweigstelle der Firma anzusehen, die von der verantwortlichen Person vor Ort geleitet wird.
Die beabsichtigte Tätigkeit ist unter Verwendung des entsprechenden Formulars anzuzeigen (§ 14 SprengG).
Sprengstoffwesen Rechtliche Grundlagen
- Sprengstoffgesetz
- Erste Verordnung zum Sprengstoffgesetz (1. SprengV)
- Zweite Verordnung zum Sprengstoffgesetz (2. SprengV)
- Dritte Verordnung zum Sprengstoffgesetz (3. SprengV)
- Vollzug des Sprengstoffrechts Gemeinsamer Runderlass des Ministeriums für Arbeit, Gesundheit und Soziales – III A 3 - 8732 – und des Ministeriums des Innern – 31-38.05.03 –